Donnerstag, 26. März 2009

Menschenwürde, was ist das ??

Bevor ich nach schlafloser Nacht und einem Frühdienst mein Bett aufsuchen werde und relativ sicher in einen baldigen Tiefschlaf falle, noch eine wahre, wenn auch traurige Geschichte.

Heute morgen, sollte ich mit einer Bewohnerin des Wohnheims in dem ich arbeite (ein Haus für Menschen mit geistigen Behinderungen) zu einem nicht näher benannten Facharzt gehen um eine Kontrolle durchführen zu lassen. Was soll ich sagen ??? Ich habe sogleich einen potentiellen Preisträger für die größte Verletzung von Menschenwürde im Rhein-Kreis Neuss gefunden.

Wir betreten die Praxis. Schon im Eingangsbereich die übliche keuchende und schniefende Masse Kranker. "Na gut, dass wir einen Termin haben." denke ich noch.
Bei der Anmeldung steht die Bewohnerin, die ich begleite hinter mir, da sie solche Aufgaben nicht erfüllen kann. "Geburtsdatum!" schnautzt mich die Sprechstundenhilfe an, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Ich erkläre, dass es sich um einen Termin für eine andere Person handelt und gebe brav das Geburtsdatum preis. Die Antwort folgt promt: "Hinten links im Wartezimmer bitte Platz nehmen!" Ich greife der Bewohnerin unter den Arm, um sie ins Wartezimmer zu führen. In dem Moment ruft es hinter der Anmeldetheke: "Ach sooo ist das! Ne, ne, dann kommen sie gleich mal mit!" Wir werden in ein Behandlungszimmer begleitet. Die Tür schließt sich von außen und wir sollen warten. Dumm, dass ich zunächst immer nur ans Gute im Menschen glaube und vermute, dass man der Bewohnerin (die deutlich erkennbar eine Behinderung aufweist, was durch ständige unkontrollierte Zuckungen nur unterstützt wird) eine lange Wartezeit ersparen will. Aber weit gefehlt. Eine Stunde verbringen wir zu zweit in diesem Raum und ich kann kaum noch die Müdigkeit ertragen. Dann, nach unerträglicher Wartezeit öffnet sich die Tür. Eine freundlich lächelnde Ärztin betritt den Raum und reicht mir die Hand. Der Bewohnerin schenkt sie vorerst keine Beachtung, dafür lässt sie sich dann von mir den Anlass für den Besuch erklären. Kaum ist mein Monolog beendet, wendet sie sich zu der Bewohnerin und sagt: "Na dann wollen wir mal. DU musst keine Angst haben. Ich mache das hier alles ganz vorsichtig." Vielleicht sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass sich das Geburtsjahr der Bewohnerin in den 60iger Jahren des letzten Jahrhunderts befindet... !
Nach kurzer Untersuchung wendet die Ärztin sich erneut an mich und fragt: "Haben SIE das schon länger beobachtet...!" Nach weiteren 60 Sekunden und bestimmt 10 mal DU an die Bewohnerin und 10 mal SIE an mich, sind wir fertig. Ein Wort des Abschieds gebührt diesmal nicht nur mir, sondern auch der Bewohnerin: "Das hast du gaaaanz fein gemacht!" ... DANKE UND AUF NIMMER WIEDERSEHEN!

Nur ein kurzer Kommentar meinerseits:
Wenn eine Frau deutlich erkennbar in den besten mittleren Jahren und deutlich erkennbar behindert, schon so peinlich ist für das erhabene Praxispersonal, dass diese Frau mal gleich in ein gesondertes "Wartezimmer" abgeschoben wird, ja und wenn dann mir, als nicht mal 30jährigem Begleiter das SIE zusteht, während der mehr als 10 Jahre älteren Patientin nur das DU gebührt, wenn nach all dem Scheiß, dann die Patientin wenigstens noch alles gaaaanz fein gemacht hat, finde ich, da hätte ihr auch ein Lutscher zugestanden, ihr Arschgeigen.

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